Meine Freundin sitzt mir gegenüber. Auf dem Küchentisch unzählige Kleinigkeiten. Schlüssel, ein abgelaufenes Ticket, Sonnenbrille, eine Vase mit vertrockneten Blüten, und dieses Schreiben mit vielen unverständlichen Analysen. Seit gestern raubt uns dieses Schreiben den Atem. Meine Freundin rief abends an, kurze Zeit später stand ich vor ihrer Haustüre. Sie sollte nicht allein sein. Aber – was tun?
Grün. In Deutschland sind etwa ein Drittel der Gesamtfläche mit Wald bedeckt. Das ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern unendlich viel. Was hat GRÜN mit meiner Freundin zu tun? Mehr als wir bisher wissen, denn ein Medizinprofessor Qing Li von der Nippon Medical School in Tokio hat analysiert, dass in Waldgebieten signifikant weniger Menschen an Krebs sterben als in unbewaldeten oder gerodeten Gegenden. Das Waldbaden (japanisch: „Shinrin Yoku“) war erfunden. Für meine Freundin Frieda ein Hoffnungsschimmer.
Sie hält das Buch, in dem sie dieses Wissen gefunden hat, ganz dicht an die Kerze, damit ich es selbst sehen kann. Sie will eigenständig für Ihre Heilung tätig werden, sagt sie, nicht dauernd von Ärzten hören, wie die nächsten Medikamente oder die nächste OP eventuell aussehen könnten. Sie will jetzt etwas tun, und dieses kleine aufkeimende Pflänzchen „Waldmedizin“, dass in Deutschland noch lange nicht so gut entwickelt und untersucht ist wie beispielsweise in Tokio oder Chicago, rigoros für sich nutzen.
Die Seele wird vom Pflastertreten krumm. Mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden und tauscht bei ihnen seine Seele um. Die Wälder schweigen. Doch sie sind nicht stumm.Und wer auch kommen mag, sie trösten jeden. –Erich Kästner
Noch am selben Abend schauen wir uns die Wälder rund um Berlin auf der Karte an: Nadelwälder sind gefragt, denn laut Forschung geben sie am meisten Terpene ab. Terpene haben gesundheitsfördernde Wirkung. Sie geben uns das Gefühl von Ent-Stresst-Sein, wenn wir von einem ausgedehnten Waldspaziergang nach Hause kommen. Für eine ehemals Krebserkrankte wie Frieda sind sie wie Gold: einmal eingeatmet, steigern sie die Anzahl und Aktivität der Anti-Krebs-Proteine im Blut. Und genau diese sind laut Schreiben wieder einmal auf dem Nullpunkt. Oder fast.
Wir planen ein Wochenende in der Natur. Ich bin dankbar für die willkommene Ablenkung vom Schreibtisch, und freue mich, Frieda etwas Gutes zu tun. Im Vorfeld lesen wir Berge von grüner Literatur, gute und schlechte, wir wollten bewusst an die Sache rangehen. Unabhängig voneinander fanden wir beide dieses hier sehr verständlich: „Der Heilungscode der Natur“ von Clemens G. Arvay. Der Biologe erklärt den Zusammenhang von Natur und Immunsystem auf eine sehr eindrucksvolle Weise. Wir erfahren, dass Terpene gasförmig in der Waldluft umherschwirren. Sie verstärken das Immunsystem und sorgen für Killerzellen im Blut. Ihre eigentliche Aufgabe ist es übrigens, Bäume und andere Pflanzen über Schädlinge zu informieren. Das Wechselspiel funktioniert also zwischen Natur und Natur und auch zwischen Mensch und Natur.
Wie nutzt man die Heilkräfte des Waldes am besten?
1. Halten Sie sich mindestens 2 Stunden im Wald auf und legen Sie eine Strecke von ca. 2,5 km zurück. Mit 4 Stunden Zeit, geht man ungefähr 4 km.
2. Nicht anstrengen und eine Pause machen, wenn Sie müde werden.
3. Suchen Sie sich ein gemütliches Plätzchen und verweilt dort. Lest, meditiert und entspannt.
4. Wenn Ihr Immunsystem aktiv bleiben soll, können Sie jeden Monat 2-3 Tage im Wald oder einem sehr waldreichen Gebiet verbringen. [Dies gilt besonders für die Aktivierung von Killerzellen und die Anti-Krebs-Proteine.] 4 Stunden täglich direkt im Wald aufhalten.
Das war doch mal eine Ansage, vier Stunden täglich und dies für ein ganzes Wochenende. Friedas Augen leuchteten, sie sah Ihr Ziel, selbst Ihre Werte wieder hochzuschaukeln, schon ganz nah vor sich.
Der Mensch im Netzwerk der Natur – dieses Thema begleitet uns über Wiesen und Wälder, an Bachläufen entlang und beim Ausruhen in einem Mühlen Café. Die Natur ist von heilsamen Einflüssen und medizinisch nutzbaren Wirkstoffen durchdrungen, darin sind wir uns einig. Je mehr wir uns von der Natur entfernen oder sie zerstören, desto anfälliger werden wir. Nur dass wir häufig gar nicht den Zusammenhang sehen: gerodete Wälder rutschen ab, aber rutscht der Mensch nicht mehr und mehr aus der für ihn wichtigen Position innerhalb der Natur?
Arvay spricht im evolutionsgeschichtlichem Sinne vom Heilungscode der Natur. Frieda ist ganz begeistert von der Geschichte, die Arvay über sich selbst erzählt. Eine drohende Operation seines Kniegelenkes brachte ihn dazu, sinnvolle Behandlungs-Alternativen zu suchen und zu finden. Schließlich ohne Eingriff und mit der Natur. Das war Friedas Stichwort. Und sie schaffte es: nach sechs Monaten – und diese Disziplin an ihr fand ich bemerkenswert – sahen ihre Werte erfreulicher aus denn je. Sie ließ noch einige Untersuchungen über sich ergehen. Die Aussagen waren dieselben.
Heute ist sie Natur- und Waldtherapeutin. Fest steht für Sie, wir stehen in einem biochemischen Austausch mit der Natur. Siehe Terpene. Frieda sieht heute aus wie der junge Frühling.
Bücher zum Thema Waldbaden
Das kleine Buch vom Waldbaden von Bettina Lemke
Das geheime Leben der Bäume von Peter Wohlleben
Mit der Wildnis verbunden von Susanne Fischer-Rizzi
Der Heilungscode der Natur: Die verborgenen Kräfte von Pflanzen und Tieren entdecken von Clemens G. Arvay
Fotos: Pixabay.com
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