Into the Woods: Ein neues Leben im Tiny House

Laura und Matt LaVoie hatten feste Jobs und lebten in einem großen Haus mit vielen Zimmern und sogar einem Kino. Sie beschlossen, das alles hinter sich zu lassen und mit ihrer Katze in ein elf Quadratmeter großes Häuschen in den Bergen von North Carolina zu ziehen.

Laura, womit haben Sie früher Ihren Lebensunterhalt verdient?

Bevor unser Leben „tiny“ wurde, habe ich 15 Jahre lang als Personalchefin in der Zeitarbeitsbranche gearbeitet. Mein Ehemann Matt war im Bereich Internetsicherheit für eine große, internationale Computerfirma tätig.

Warum waren Sie unglücklich?

Ich wollte schon mein ganzes Leben Schriftstellerin werden. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen anderen Wunsch gehabt zu haben. Nach meinem College-Abschluss hörte ich dann von allen Seiten von dieser Verantwortung, die ich als Erwachsene zu übernehmen habe. Alle sagten, ich bräuchte einen sicheren Job mit guter Bezahlung und Versicherungsschutz. Und so stolperte ich dann in die Personalbeschaffung. Darin war ich wirklich gut, aber ich habe es nie geliebt. Jeden Tag fragte ich mich, ob ich mir nicht selber schade, wenn ich dabei bleibe, anstatt meiner wahren Leidenschaft nachzugehen. Matt hingegen wollte nie ein gewöhnliches Leben. Seit er 20 Jahre alt war, konnte er sich nie vorstellen, dass er bis zum Ruhestand im gleichen Job arbeiten würde.

Als Sie das Verlangen nach einer Veränderung spürten – wie lief der Prozess ab?

Eigentlich haben wir schon viele Jahre bevor wir das Tiny House gebaut haben, begonnen, ,etwas Anderes‘ zu planen. Etwa 10 Jahre lang haben wir Geld gespart, im Wissen, dass wir irgendwann etwas Ungewöhnliches machen möchten. Wir haben nicht gewusst, in welcher Form das passiert. Wir hatten überlegt, in einem Wohnmobil oder auf einem Segelboot zu wohnen. Als wir dann beschlossen, dass es endlich Zeit war zu handeln, war das Tiny House das perfekte Projekt, um unser Leben komplett zu verändern.

In was für einem Haus haben Sie vorher gelebt?

Wir lebten in einem 250 Quadratmeter großen Haus in der Nähe von Atlanta, Georgia. Es hatte eine große Doppelgarage, einen Wäscheraum, eine riesige, offene Küche, ein formelles Esszimmer und einen großen, offenen Wohnraum mit einem Kamin. Im Erdgeschoss haben wir ein Zimmer in ein Kino umgewandelt und wir hatten dort ein Schlafzimmer mit angrenzendem Bad, welches wir als Arbeitszimmer nutzten. Im ersten Stock gab es drei weitere Schlafzimmer mit zwei großen Bädern. Nur zwei Personen und eine Katze haben dort gewohnt.

Wann hat Sie der Minimalismus-Gedanke gepackt?

Am Anfang habe ich es gar nicht als Minimalismus betrachtet. Ich wusste nur, dass ich mich gefangen fühlte in einem Job, den ich nicht mochte. Desser´n Gehalt war aber zwingend nötig, um ein Haus zu bezahlen, in dem ich mich kaum aufhielt. Wir erkannten schnell, dass wir durch das Reduzieren und Vereinfachen mehr Platz in unserem Leben für Dinge haben würden, die uns wirklich glücklich machen.

Wie haben Sie von Tiny Houses erfahren?

2008 haben wir das erste Mal etwas von Tiny Houses gehört. Eine Freundin hat Jay Shafer bei Oprah gesehen. Sie sagte: „Hey, ich glaube das würde euch gefallen!“ und das tat es.

Wie haben Ihre Familien reagiert, als sie vom Plan eines Tiny House hörten?

Es ist wichtig zu wissen, dass Matt und ich schon seit 1995 zusammen sind und die Dinge immer schon etwas unkonventionell gehandhabt haben. Als wir unseren Freunden und der Familie von unserem Plan erzählten, war es für sie nur eine weitere komische Sache von vielen, die wir bereits durchgezogen haben. Sie waren nicht geschockt oder überrascht.

Wie haben Sie entschieden, wo Sie bauen möchten?

Früher waren wir eher rastlose Menschen. 2003 sind wir erst einmal aus Michigan nach Atlanta, Georgia gezogen. Wir wollten so viel wie möglich von dem Land entdecken bevor wir entscheiden, uns an einem bestimmten Platz niederzulassen. Das hat sich geändert, als wir 2005 einen Ausflug in die Berge in der Nähe von Asheville machten. Wir haben uns sofort in die Kultur, die Landschaft und einfach alles in der kleinen Stadt verliebt. Von dort an ging es nur noch darum, dort zu leben.

Warum wollten Sie ein Tiny House selber bauen?

Für uns ging es weniger um das Endresultat des Hauses, sondern eher um das Abenteuer und die Erfahrung. Matt wollte schon immer ein Haus mit seinen eigenen Händen bauen und ein kleines Haus gab uns die Möglichkeit dazu.

Auf welche Hürden sind Sie während des Baus gestoßen?

Unsere Herausforderungen waren anders als die des typischen Bauherrn. Das Land, das wir gekauft haben, war bewaldet und ohne jegliche Zufahrtswege zu dem Platz, an dem wir bauen wollten. Das Schwierigste für uns war es, dass wir alle Materialien per Hand zum Einsatzort tragen mussten. Außerdem haben wir das Haus auf einem festen Fundament anstatt auf Rädern gebaut. Und acht Betonpfeiler von Hand zu gießen, war sehr arbeitsaufwendig.

Wie sieht der Alltag in einem Tiny House aus?

Um ehrlich zu sein, gibt es keine großen Unterschiede zu einem anderen Haus. Ich wache auf, esse Frühstück, arbeite von Zuhause aus. Koche Mittagessen. Koche Abendbrot. Wir schauen Fernsehen auf dem Computer. Wir wischen die Böden. Aber wir verbringen auch viel Zeit draußen in den Bergen und in Asheville mit unseren Freunden.

Wie hat das Tiny House auf Ihre heutige Autoren-Karriere Einfluss genommen?

Wenn es das Tiny House nicht gäbe, wäre ich heute nicht freie Schriftstellerin in Vollzeit. Durch den Bau hatte ich die Chance, Dinge in den Weg zu leiten, die mir halfen, meinen Job zu kündigen. Indem wir die Hypothek aufgaben und unsere Ausgaben reduzierten, war es für mich in Ordnung, weniger zu verdienen als ich es in meinem Unternehmensjob getan habe. Ich konnte mir trotzdem eine gute Lebensqualität leisten. Und Matt konnte sich dadurch für ein fortgeschrittenes Studium bewerben.

Was war die größte Veränderung in Ihrem Leben, die Sie nach dem Einzug in das Tiny House bemerkt haben?

Ich habe nicht erwartet, dass das Tiny House die Beziehungen in der Gemeinschaft fördern würde. Ich verbringe nicht mehr den Großteil meiner Zeit im Büro oder auf dem Weg dahin und zurück. So konnte ich mich viel mehr an der Welt um mich herum beteiligen. Wir haben uns dem Tiny House Movement im ganzen Land angeschlossen, und uns in die örtliche Gemeinde integriert. Das haben wir vorher noch nie gemacht.

Hat das Haus Ihre Beziehung beeinflusst?

Wie bereits erwähnt, sind wir schon seit 22 Jahren zusammen. Also, ja und nein. Wir brauchten eine starke Beziehung, um das durchzuziehen, was wir getan haben. Trotzdem hat das Ganze uns noch stärker zusammengeschweißt.

Gibt es etwas, das Sie an einem ,normalen‘ Haus vermissen?

Nein.

Gab es Situationen, in denen Sie Angst hatten, so abgeschieden im Wald zu leben?

Unser Haus ist abgelegen, aber wir sind weit davon entfernt, isoliert zu leben. Wir sind stärker eingebunden als je zuvor.

Über ihr Leben in diesem Tiny House schreibt die Autorin in ihrem Blog „Life in 120 Square Feet“ sowie in ihrem Buch „120 Ideas for Tiny Living“. 2009 begann das Paar eigenständig das Haus zu bauen, was drei Jahre in Anspruch nahm.

Fotos: Guillaume Dutilh; Laura LaVoie

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