Enough Gesangbuch: Christliche Songs für stille Momente

Lean BackCapital City Music feat. Dion Davis („Kingdom Come [Live]“)

You’ve brought me here to rest
And given me space to breathe
So I’ll stay still until it sinks in
I will lean back in the loving arms
Of a beautiful Father

Mit „You will never leave“ schickt Sänger Dion Davis bei diesem beruhigenden Track der Worship-Band Capital City Music aus Washington, D.C., die wichtigste Botschaft zu Beginn voraus. Er ist stets an unserer Seite, steht uns bei, lässt uns verschnaufen, wenn wir nach Atem ringen, umarmt uns, wenn wir uns von allen guten Geistern verlassen fühlen. Wie frisch gebrühter Kaffee klinge Davis‘ Stimme, kommentiert ein User auf YouTube das Live-Video zu „Lean Back“, aufgenommen in einem besonders Großstadt-Hipster kompatiblen Setting. Die Gemeinde, die sich um die harmonisch aufspielenden Musiker versammelt, taucht mit jedem Takt mehr und mehr ganz physisch ein in die so einfache wie effektive Melodie, die Zeilen, in denen die Erlaubnis steckt, sich Ruhe zu gönnen. An Gott gelehnt, in Sicherheit, angekommen. Ein weiterer Anspieltipp des Albums „Kingdom Come“ ist der ebenfalls von Dion Davis gesungene Titel „Lover“, denn von diesem Mann will und wird man noch viel hören im Genre des christlichen Pop!

Open the Eyes of My HeartMichael W. Smith („Worship [Live]“)

„To see You high and lifted up
Shinin‘ in the light of Your glory
Pour out Your power and love
As we sing holy, holy, holy

Rund 18 Millionen Alben, 31 Nummer-Eins-Hits, 14 Mal Gold und fünfmal Platin drei Grammys und 45 (!) Dove Awards – nein, an Erfolg hat es dem Singer und Songwriter seit Beginn seiner Karriere in den 1980er Jahren nie wirklich gemangelt. Diese mitreißende Hymne stammt zwar nicht aus Smiths Feder (das Original ist von Paul Baloche), dafür ist dieses Live-Cover vielleicht eine der gelungensten Versionen. Und dank der wieder und wieder intonierten Struktur „11C11CCC22222222“, bei der das C für den Chorus steht, entfaltet selbst das flotte Tempo einen meditativen Sog. Alltag aus, Lobpreis an, sozusagen. „Open the eyes of my heart, Lord, I want to see You“ ist dabei die so fundamentale Erinnerung daran, dass die Verbindung von Geist und Seele, das Sehen mit dem Herzen, eine viel zu wenig praktizierte und damit trainierte Fähigkeit ist. Viel wichtiger als jedes Stretching beim Pilates. Wer emotional noch ein wenig mehr an die Substanz will, der schaut sich das Lied gesungen von Christopher Duffley an. Besser vorher ein paar Taschentücher bereitlegen …

It is finished – Passion feat. Melodie Malone („Follow you anywhere [Live]“)

The cross is my beginning
The line drawn in the sand
The end of all my striving
Now I am born again

In politisch so turbulenten und mitunter auch reichlich entmutigenden Zeiten tut es einfach gut, Zeilen zu hören, aus denen Zuversicht angesichts göttlicher Unterstützung spricht. Es ist vollbracht, singt Melodie Malone, Christus hat gewonnen, die Liebe über den Tod triumphiert. Endlich mal auf der Seite eines Gewinners, warum eigentlich nicht? Sicher, die Theologie ist arg simplifiziert, wie so oft im Lobpreis-Genre, und an die Schwarzweiß-Rhetorik wird sich nicht jeder gewöhnen können. Das gilt bei diesem Passion-Hit ebenso wie für viele andere Bestseller des Worship-Pops. Und gleichzeitig liegt darin neben meisterhaft auf Eingängikeit und mitreißende Beats getrimmten Kompositionen eben der USP, der Reiz dieser Songs, die dem Hörer bzw. Mitsingenden die seltene Erlaubnis zur uneingeschränkten Hingabe erteilen. Ohne Einerseits/Andererseit-Marathon im Großhirn, ohne schlechtes Gewissen, weil dir (Glaubens-)Wirklichkeit natürlich eigentlich komplexer ist … „His mercy is complete. His love is not in question. […] It is done. It is finished.“ Absolut ausreichend. Manchmal.

Tim be Told – When Someone Loves You („Friends and Foes“)

When someone loves you, they’re patient and kind
They are strong when you’re weary, they don’t leave you behind
They laugh when you laugh, and they cry when you cry
And even if they can’t help you, at least they will try

Für den hochbegabten Sänger, Songwriter, Texter und Produzenten Tim Ouyang habe ich eine ganz besondere Schwäche. Deshalb war mein Interview mit dem Kalifornier auch der Auftakt für das Podcast „You Better Believe It!“, das ich euch hiermit gleich noch einmal sehr ans Herz legen möchte. Kaum ein anderer Künstler – gleich ob christlich oder ohne Religionskontext – vermag melancholische Nachdenklichkeit und nicht selten herzzerreißendes Gefühlschaos in so hochglänzende Töne und glasklare Vocals verpacken wie Ouyang. Ich habe im Enough Gesangbuch bereits auf andere Lieder aus seiner Feder verwiesen, doch als ich „When Someone Loves You“ hörte, musste ich es sofort auch als Tipp mit euch teilen. Wow, was für eine ruhige Melodie, durchsetzt von dramatischen Stimmcrescendos und Lyrics so wahr wie oft verdrängt. Wenn dich jemand liebt, dann: behandelt er dich gut, steht dir bei, entschuldigt sich für Fehlverhalten, ist geduldig, ist stark, wenn du es nicht sein kannst, versucht immer, dir zu helfen so gut er kann, teilt Lachen und Tränen. „When someone loves you, it should feel like this“. Punkt.

Rejoice – Katherine Jenkins („Rejoice“)

Where did I misplace my faith
Where did I set it down
Which one the day that I forgot
What this was all about
And I came so close
To throwing it all away
But I’m taking it back again

Nach Sarah Brightman, die vor mehr als 20 Jahren quasi im Alleingang die Disziplin des Classic Crossover begründete, „Time to say goodbye“, ihr wisst schon, ist die Mezzosopranistin Katherine Jenkins definitiv die Nummer Zwei. Religiöse Musik hat für die Waliserin bei allen ihren Alben einen hohen Stellenwert, auch ihr aktuelles, „Guiding Light“ bietet eine Sammlung von Jenkins‘ liebsten Werken mit himmlischer Botschaft. Mein persönlicher Favorit „Rejoice“ stammt jedoch aus dem Jahr 2007 und vom gleichnamigen Longplayer. Mit gefühlvollem Wechsel aus gehauchten und kraftvollen Passagen offenbart sich der innere Monolog eines Menschen in einer handfesten Glaubenskrise, vielleicht auch jemandem, der an einer irdischen Beziehung zweifelt. Jedenfalls soll sich finden, was verloren ging, und zumindest über 3:15 Minuten fühlt man sich bestens aufgehoben in der Klangwelt, die Katherine Jenkins hier aufbaut – mit angenehm dunklem Timbre und glockenhellen Höhen.

Foto: Lua Valentia/Unsplash.com

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Kategorien Musik

Siems Luckwaldt ist seit über 20 Jahren als Journalist und Redakteur tätig. Seine Themen: Interviews, Mode, Lifestyle, Uhren, Modernes Leben. Weitere Angebote: Corporate Publishing, Social Media Storytelling, Podcasts, Coaching