Corona und wir: Dinge, die ich während der Quarantäne endlich geschafft habe

Ihr Lieben, ich hoffe einfach mal, euch geht es den (besonderen) Umständen entsprechend gut. Wir haben Ostern leider ohne Gottesdienst verbracht, dafür aber ein Kaffeetrinken per Skype improvisiert. Nicht das gleiche wie live und in Farbe, aber besser als nichts – und besser als ein Ansteckungsrisiko einzugehen.

Statt eines kurzen Essays zu den Auswirkungen der Ausnahmesituation auf unser aller Leben, Denken, Fühlen, übe ich mich heute mal für euch in einem sogenannten listical. Ein paar Wochen Quarantäne sorgen ja selbst beim leidenschaftlichsten Aufschieber (mir!) dafür, dass einige über Monate ignorierte To-dos irgendwann so unüberhörbar um ihr Recht auf Erledigung betteln, dass man sich ihrer in einer Kurzarbeitspause annimmt. Und auch manche Herzensangelegenheit kommt plötzlich zu ihrem Recht, was bei euch in diese Kategorie gehört, wisst ihr selbst am besten, denke ich.

Hier nun also meine ganz persönliche und völlig unsortierte Top-Liste der abgehakten Punkte auf einer mal tatsächlichen, mal imaginären Checkliste. Ich hoffe, das eine oder andere darauf inspiriert euch ein wenig zum Anpacken, Loslegen, Ausmisten, Neu-Organisieren oder erfüllenden Herumpuzzeln. Denn selbst hingebungsvoll zelebrierte Prokrastination muss sich der Freude über niedergerungene Schweinehunde einfach geschlagen geben. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Are you ready? Let’s go!

E-Mail-Inbox aufräumen
Ich weiß, Experten für Selbstorganisation haben das einst proklamierte Ideal der „Inbox Zero“ längst zum reichlich überflüssigen Unterfangen erklärt. Eine Sisyphus-Aufgabe, schließlich sei insbesondere Gmail eh wie eine Suchmaschine konstruiert, das Löschen und In-Ordnern-Ablegen also ziemlich plemplem. Egal, in einem gewissen Umfang bleibe ich dabei. Ich lösche wenigstens den gröbsten Quatsch, archiviere erledigte Konversationen, leere den Spam aus und schaffe mit Ordnern/Labels wenigstens im Hauptfenster des Postfaches blitzsaubere Ordnung. Nicht immer, aber in regelmäßigen Abständen. Man räumt ja auch den Geschirrspüler aus, obwohl klar ist, dass es nicht dabei bleiben wird.

Niedliche Tiere anschauen, ohne Jetlag
Auf Fotosafari oder wenigstens in den Zoo kann gerade niemand von uns gehen, und bis Fernreisen wieder möglich und wir in der mentalen wie finanziellen Verfassung dafür sind, dürften ohnehin noch etliche Monate vergehen. Was also tun, wenn Auge und Seele mal ganz kurz einen Ausflug brauchen und das am liebsten mit tierischer Gesellschaft? Gern auch mit ein klein wenig Wissensvermittlung statt der bloßen Überdosis Niedlichkeit? Genau für solche Momente hat der World Wildlife Fund (WWF) die Seite Tierwelt Live programmieren lassen. Dort könnt ihr kleine Wildkatzen in ihrem natürlichen Lebensraum verfolgen, tief hinabtauchen in mysteriöse Meereswelten oder mit den Gorillas durch den Virunga-Nationalpark tollen. Und wer mag, kann natürlich auch gleich für den Erhalt der Natur und ihrer putzigen Bewohner spenden.

Bibel lesen oder hören
Ob gläubig oder nicht, im Buch der Bücher steckt eine Menge spannender Stoff, den ich mir – fingers crossed – noch in diesem Jahr komplett zu Gemüte führen möchte. Wenigstens das Neue Testament. Und für den Anfang lausche ich einer ganzen Riege von Hollywoodstars (Jon Voight, Richard Dreifuss, Marcia Gay Harden …) bei ihrer epischen Lesung der kompletten Bibel (in der New King James Version). „The Word of Promise“ gibt mir hoffentlich genug Motivation, gleichzeitig durch die Seiten zu fliegen oder später noch einmal auf Papier nachzulesen. Dafür habe ich übrigens zu dieser Ausgabe gegriffen: „The NKJV Study Bible“, erschienen bei Thomas Nelson. Warum eine englische Bibel? Gute Frage. Vermutlich, weil mein Weg in den Glauben während eines Sabbatical in den USA und dem Besuch dortiger Gottesdienste begann. Eine bessere Erklärung habe ich ehrlich gesagt für diese persönliche Präferenz nicht.

Neue, coole Terminplaner ausprobieren
… und dann merken, dass ich dafür einfach nicht der Typ bin und nie sein werde? Ja, auch das habe ich in den letzten Wochen erledigt. Und zwar ein für alle Mal! Diesmal war es der wirklich schön, hochwertige Christian Planner, mit dessen Features wie Vision Board, Prio-Listen fürs Jahr, den Monat oder jeweiligen Tag und noch viel, viel mehr ich herumgespielt habe. Mit großer Mühe, weil das Schreiben per Hand für mich längst zum Workout geworden ist. Und schon drei Tage später habe ich das hübsche Buch nicht mehr aufgeschlagen – und trotzdem, glaube ich, das Wichtigste geschafft. Ich sehe dennoch weiterhin den Sinn in solchen Tools, nur muss man glaube ich ab einem bestimmten Alter (ähem) einsehen, was zu einem passt und was nie passen wird. Und physische Terminplaner gehören bei mir leider auf den letzteren Stapel.

Werkzeuge kaufen
Haus, Garten, Frühling. Das lässt sich auch so zusammenfassen: Die DIY-Saison ist eröffnet. Nicht, dass ich ein begabter Heimwerker wäre – jeder unserer Nachbarn dürfte das Gegenteil bestätigen können – und trotzdem sind Baumärkte voller Akkuschrauber, Schleifmaschinen und Bootslacke für mich von einem ganz besonderen Zauber umgeben. Also gab es mal wieder Zuwachs für den Bosch-Gerätepark und auch bei der Gärtnerei wurde für Umsatz gesorgt. Wer weiß, vielleicht lerne ich ja doch noch einen neuen Kniff zwischen Rasenmäher und Werkbank, mit dem ich die Zweifler jenseits des Zauns überraschen kann.

In neuen Ecken putzen
Die gröbsten Bereiche in seiner nächsten Umgebung hält man durchweg sauber, aber in manche Winkel und Nischen wagt man sich eher selten. Aus Bequemlichkeit oder guten Gründen. An ein paar dieser Orte haben wir uns in den letzten Wochen des Shutdown mal wieder getraut, bewaffnet mit Staubwedel, Wischlappen und diversen Reinigungsmitteln. Nicht immer angenehm, dafür winkt hinterher aber ein handfester, sichtbarer Erfolg. Nicht schlecht, also!

Ballast abwerfen
Obwohl wir eigentlich ziemlich regelmäßig überprüfen, welche Dinge noch bei uns bleiben sollen und dürfen, gab es doch so einiges, was plötzlich unsere Aufmerksamkeit erregte und sich kurz darauf verabschieden musste. Zwei große Säcke an Klamotten, beispielsweise, die entweder nicht mehr passten oder einfach nicht mehr gefielen. „They do not spark joy anymore“, wie Ober-Aufräumerin Marie Kondo zwitschern würde. Wobei wir mit dem Urteil „Mag ich nicht mehr“ sehr sparsam und in Etappen vorgehen. Es wird nur entsorgt – verkauft, verschenkt oder in sinnvolle Sammelcontainer geworfen – was in einer vorherigen Sortieraktion bereits negativ auffiel, quasi angezählt war wie ein Boxer auf der Ringmatte. Auch vergreiste Technik (alte Laptops, schrabbelige Mäuse, kaputtes Werkzeug) setzten wir an die Luft. Zusammen mit Gebrauchsanleitungen für nicht mehr existierende Geräte, Zeitschriften – und Berge von Dateien auf dem Desktop und auf externen Festplatten. Denn auch digitaler Müll zapft unterbewusst Energie ab, wie ich festgestellt habe.

Den Gefühlen freien Lauf lassen
Wie ich hier schon mehrfach schrieb, führt der Covid-19-Ausbruch zu einem weltweiten Trauma, wie es Gott sei Dank kaum jemand von uns bisher erleiden musste. Ob direkt oder indirekt betroffen, wir alle werden später von der Zeit vor und nach dem Coronavirus erzählen, unsere Geschichte erhält eine Zäsur. Die damit verbundene emotionale Achterbahnfahrt ganz bewusst zu spüren, in aller Unwucht zuzulassen, sich die Erlaubnis zu geben, nicht „ganz okay“ zu sein, halte ich für enorm wichtig und heilsam.

Und wer gerade nicht so recht Zugang zu seiner Gefühlswelt findet, könnte sich eines Außenreizes bedienen. Damit meine ich nicht, wie wild Zwiebeln zu schneiden, damit Tränen fließen, sondern vielleicht einen melancholischen Lieblingssong anzuspielen – oder zu tierischer Unterhaltung zu greifen. Wann immer ich eine Hunde-Doku wie „The Dog Doc“ oder „Life in the Dog House“ streame, löst sich die gute Miene zum bösen Spiel namens Coronakrise, Kurzarbeit, Branchenmisere in wohlig schluchzende Hingabe auf. Auch herzzerreißend: Die Podcast-Geschichte der Blindenhündin „Roselle“, die ihr Herrchen Michael am 11. September 2001 nach dem Einschlag des Flugzeuges aus dem 78. Stock des World Trade Centers in die sichere Freiheit führte.

Abwechslung für Ohr und Hirn
Als bekennender Podcast-Junkie verbringe ich außerhalb des Jobs (zu) viele Stunden mit diversen Sendungen zu unterschiedlichsten Themen und mit diversen Konzepten. Daran hat sich auch in der Corona-Quarantäne nichts geändert, mehr noch, mir geht jetzt viel schneller der Hörstoff aus. Wann kommt endlich ein neuer Talk der legendären Interviewerin Terry Gross von „Fresh Air“, worüber spricht das Feuilleton-Trio beim nächsten „Culture Gabfest“, was gucken die Entertainment-Nerds von „The Watch“ gerade auf Netflix und was erwartet mich diesmal bei „Open Source“, dem nach eigenen Angaben ältesten Podcast der Welt?

Nur ein sehr kleiner Ausschnitt meiner Playlist, die sich – und das ist mein Tipp – ständig ändert. Nicht komplett, manche Formate sind schon seit über zehn Jahren abonniert, aber ansonsten mische ich das Programm regelmäßig kräftig durch. Schließlich wird auch einem Trommelfell mal langweilig, von den grauen Zellen, die dahintergeschaltet sind, ganz zu schweigen. Also habt Mut zur Lücke, hört nicht sklavisch, was gerade jeder hört, sondern stöbert ruhig mal nach sonderbaren Sendungen. Es könnte ein verborgenes Juwel dabei sein. Und wenn nicht, habt ihr einfach mal was anders gemacht. Genau so gehe ich auch mit meinem Abo von Apple Music vor. Ich überlasse nicht allein dem Vorschlags-Algorithmus „Für dich“ die Gewalt am Turntable, sondern schaue immer mal in Genres rein, die eigentlich so gar nicht zu meinen üblichen Song-Verdächtigen gehören. Weltmusik, Techno, italienischer Pop oder ruhig auch mal skandinavische Singer/Songwriter. Das bockt voll, hätte ich mit 14 gesagt …

Experimente in self-care unternehmen
Wie oben erwähnt versuche ich, mein Faible für comfort food – reich an Kohlenhydraten, Zucker und Kalorien – gerade einmal wieder zu bezwingen. Gar nicht so leicht, wenn man sich schon seit frühester Kindheit angewöhnt hat, Stress, Gefühle von Machtlosigkeit und anderes Unwohlsein herunterzuschlingen, zusammen mit Schokolade, Eiscreme und gern auch mal wahren Nudelorgien. Die Fassbinder-Formel „Angst essen Seele auf“, stellte ich schon früh auf den Kopf und futterte meine Panik weg, so gut es ging. Heute habe ich das einigermaßen im Griff, doch wenn die Arbeitsbelastung zu groß und die nervtötenden Gedankenspiralen endlos werden, erinnern sich Kopf und Bauch blitzschnell daran, wie sie solch emotionales Chaos früher be- und überwältigt haben: mit Lebensmitteln der Kategorie „nicht gesund aber schmeckt jedem“. Na, und wenn eine globale Virus-Pandemie kein guter Grund für 500ml „Cookie Dough“ sind, dann weiß ich’s auch nicht, oder?

Wie bestimmt viele von euch nachvollziehen können, gibt es nur einen Fehler in der Strategie „stopf dich ruhig“: Sie ist extrem temporär und führt auf Dauer zu neuen Baustellen, wie ich es weiter oben schon skizziert hatte. Die Sorgen um eine etwaige Ansteckung, Stellenabbau und Haus samt Hof werden prompt ergänzt um die Niedergeschlagenheit ob neuer Speckrollen. Ein Nullsummenspiel. Was die Ernöärhung angeht, bastele ich also an einer Keto-Alternative herum, und für Wohlbefinden und eine Portion Selbstliebe habe ich meinen Spaß an Kosmetik wiederentdeckt. Schuld daran ist meine Faszination für die japanische und südkoreanische (Pop-)Kultur, über die man recht schnell bei der makellosen Haut der Boybands aus diesen Ländern landet. Und bei YouTubern, die kenntnisreich und anschaulich erklären, wie das mit den 10-Schritt-Ritualen zür Gesichtspflege nun wirklich funktioniert, welche Produkte top und welche purer Hype sind und, und, und. Stimmt, mit 42 bin ich für K-Beauty und Vlogs vielleicht schon ein wenig alt, aber, auch das habe ich während dieser Coronakrise und der zusätzlichen Zeit zum Grübeln gelernt: Was mich glücklich(er) macht, dem gehe ich nach. Egal, was wer wo und warum denken könnte. Whatever floats your boat, right?

Nein, jetzt kommen keine Produktempfehlungen für Reinigungsöl, Reinigungsschaum, Toner, Essenz, Säurepeeling, Serum, Feuchtigkeitspflege, Sonnenschutz und Vliesmasken. Die kriegt ihr anderswo aus viel berufenerem Mund. Beispielsweise, und das ist mein eigentlicher Tipp, von Ivan Lam, dessen Kanal mich gleich doppelt begeistert: wegen seines Kosmetik- und Self-Care-Wissens – und weil er sich zwischen Eincremen und Lidstrichziehen offen, ehrlich und rundum sympathisch teils sehr tiefgründige Gedanken über sein (Gefühls-)Leben macht. Kein Wellness-Blabla, keine Namasté-Platittüden, keine rosarote Brille. Stattdessen gibt sich Ivan nahbar, verletzlich und mit im Kern unkaputtbarem Optimismus. Mein Anspieltipp ist sein Interview mit TV-Persönlichkeit und „Queer Eye“-Experte Jonathan van Ness. Eine echte Bereicherung und ein Kanal, den ich von nun an regelmäßig ansteuern werde. Wer hätte das gedacht …!

Ein altes Laster ab-, ein neues zulegen
Nicht erst mit dem Shutdown hat sich meine Körpermitte in unerwünschte Dimensionen ausgedehnt. Quarantäne-Depression? Faulheit zwischen Topf und Pfanne? Langeweile oder ein gestresstes Unterbewusstsein, das sich Brot, Kuchen und Schokoriegel als Trost greift? Wahrscheinlich von allem ein bisschen. Doch da ich nach Corona noch durch unsere recht schmale, niedrige Haustür passen möchte – ein durch Leibesfülle verursachter Hausarrest wäre zu sehr Ironie des Schicksals – ist jetzt erstmal Schluss mit Getreide, Zucker und andere ungesunden Köstlichkeiten. Dafür ein mehr oder weniger strenger Keto-Malzeitenplan, überwacht mit dieser App, um einigermaßen im Limit von carbs, Fett und Eiweiß zu bleiben. Bin gespannt, wie meine Willensstärke den Kurs hält …

Gar nicht dazu passt, was ich mir nach fast fünf Monaten Abstinenz und besten Vorsätzen mittlerweile wieder ab und zu gestatte: ein Glas Wein. Oder zwei, maximal. Zunächst allerdings nur aus Flaschen, die wir eh schon in der Speisekammer hatten, darunter herrliche vegane Rieslingweine der Winzerin Eva Fricke aus Eltville am Rhein, die wir bei einer Präsentation ihres Gutes einmal in Hamburg kennenlernen durften. Mir mundet besonders die Sorte „Wisperwind“, ein 2018er Jahrgang. Ob Alkohol wirklich wieder zum Freitagabend-Ritual für mich wird? Keine Ahnung. Aber jetzt gerade macht mich das gelegentliche Glas einfach happy und beruhigt meine von Pandemie, Kurzarbeit und Trump-Tweets sowie viel zu frühem Vogelgezwitscher ziemlich gereizten Nerven. Pick your poison, wie man so sagt.

Koffein mit Liebe
Nicht mehr so viel Kaffee, lautete mein Ziel, und zwar schon lange vor Corona. Jetzt habe ich diesen Wunsch endlich in die Tat umgesetzt, nur etwas anders als gedacht. Statt mehreren Tassen morgens und weiteren über den Tag verteilt trinke ich jetzt eine in der Früh, vor oder nach einem Matcha Latte, und dann mehrere mit entkoffeinierten Instankrümeln. Echte Bohnengourmets sollten diese Zeilen vielleicht besser überspringen. Und mindestens eine Kaffee-Dosis zelebriere ich im Dalgona-Stil, wie es momentan das gesamte Internet zu tun scheint. Was an dieser, wohl aus Südkorea stammenden Zubereitungsart besonder ist? Das (Instant-)Kaffeepulver wird mit gleichen Teilen Zucker und heißem Wasser zu einem fluffigen, karamellbraunen Schaum aufgeschlagen und auf warme oder kalte (Hafer-/Soja-/Mandel-)Milch gehäuft. Wie ein Mousse-Dessert. Eine wunderbare Alternative zum Latte Macchiatto und anderem Gepantsche. Ich halte mich an ein Rezept von Kitchen Stories, ersetze aber den Zucker durch die gleiche Menge Erythrit, was die Kalorienzahl deutlich reduziert und in diesem Mengenverhältnis auch etwas weniger süß schmeckt. Ausprobiert aber noch nicht gemeistert habe ich die Matcha-Variante, die Wil Yeung auf seinem YouTube-Kanal vormixt. es im gesamten Internet gerade pausenlos zubereitet

Rücken und Quarantäne sind kein guter match
Wenn man wie ich seit dem Sommer 2019 zu den rund 70 Prozent aller Deutschen gehört, die „Rücken haben“ – Bandscheibenvorfall, einseitige Beinlähmung, OP, verkorkste Anschlusstherapie, sehr langsamer Weg zurück ins aktive Leben … – dann verursacht die aktuelle Lage ungeahnte und schmerzhafte Zusatzprobleme. Ich bin zwar was mein Homeoffice angeht so gut wie möglich rückenschonend ausgerüstet, habe einen Stehschreibtisch mit Motor, einen Steh-Sitz-Hocker, einen Pezzi-Ball und die Möglichkeit, die nötigsten Stretchingübungen nach Belieben einzuschieben, auf der Yogamatte oder dem Parkettfußboden.

Soweit so wow, das ist nicht jedem Rückenkranken möglich, I know. Nur sollte dieses Frühjahr eigentlich im Zeichen einer weiteren Aktivierung und Kräftigung meines rekonvaleszenten Körpers stehen. Letzte Physioeinheiten am Gerät, Anmeldung im Fitnessstudio, langsames Rantasten an Bikram (man wird ja wohl träumen dürfen) und vielleicht schwimmen, sowie das Freibad geöffnet ist. Stattdessen: dreimal „hätte, hätte, Fahrradkette“, alles zu und wer weiß wie lange. Das ist nicht bloß semi-optimal, das tut echt weh. Ich versuche diesen Ertüchtigungsmangel derzeit mit längeren Spaziergängen auszugleichen, mit noch mehr Übungseinheiten am Tag, mehr Wasser (die Bandscheiben sind schließlich ziemlich durstige Wirbelkissen) und der Hoffnung, dass bald wieder was geht. Ach ja, ein Black-Roll-Neuling bin ich jetzt auch. Noch ungefähr so elegant wie Kristi Yamaguchi, die auf Langlaufskiern und mit drei Promille einen Doppelaxel versucht. Aber jeder fängt ja mal an.

Italienisch, mio secondo tentativo
Fast fünf Wochen Sprachkurs in der Toskana und die besten Vorsätze, daraus eine veritable Zweitfremdsprache zu formen, und dann gingen Hunderte Vokabeln und die Selbstsicherheit, daraus Sätze und Smalltalk zu basteln, den Weg alles Irdischen. Kein „zurück auf Los“, doch enttäuscht war ich trotzdem. Und jetzt, wenn mich abends oder in der Mittagspause weder ein Hörbuch, Podcast oder ein Netflix-Abstecher so richtig happy machen, pauke ich auf dem Smartphone italienische Redewendungen. Manchmal mit Duolingo (gratis) und manchmal mit Babbel, wo ich eh schon ein Abo hatte. Gute Vorsätze, wie gesagt. Ohne übermäßigen Druck und zu hohe Erwartungen, die den Spaß ersticken könnten, schließlich ist das gerade eben kein Urlaub sondern eine Pandemie-bedingte Zwangspause mit vermutlich folgender Rezession. Die Entspannung hält sich also durchaus in Grenzen. Trotzdem ist es angenehm, in sich zu investieren, sei es mit Zeit oder Geld oder dem Bemühen, irgendwann „Il Processo“ auch ohne Untertitel anschauen zu können. A dopo.

To be continued …

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Siems Luckwaldt ist seit über 20 Jahren als Journalist und Redakteur tätig. Seine Themen: Interviews, Mode, Lifestyle, Uhren, Modernes Leben. Weitere Angebote: Corporate Publishing, Social Media Storytelling, Podcasts, Coaching