The Moment mit Max Buskohl, Singer/Songwriter

In dieser Folge von „The Moment“ – Interviews über schwierige Phasen, Kursänderungen und neue Ufer – sprechen wir mit Singer/Songwriter Max Buskohl, einigen sicherlich noch ein Begriff durch seine Teilnahme bei „Deutschland sucht den Superstar“ – und seinen späteren, medienwirksamen Ausstieg aus eben dieser Castingshow.

Als wir durch Zufall auf seine Facebook-Aktion stießen, bei der er gegen moderate Beträge quer durch deutsche Wohnzimmer und Clubs tourt(e), wollten wir mehr über sein Leben 2015 erfahren. Von einem jungen Künstler, der berauschenden Ruhm genoss, die Schattenseiten des Showbusiness erlebte und am Ende dieser Achterbahnfahrt dort wieder ankam, wo alles einmal begonnen hatte: bei seiner (!) Musik. Und einer Karriere nach eigenen Regeln.

Max Buskohl, beschreib uns bitte in aller Kürze deinen beruflichen und privaten Hintergrund.
Meine Lebensstationen bis zum 17. Lebensjahr waren in chronologischer Reihenfolge: Berlin, Jesteburg, Lanzarote, Sydney, Lanzarote, Berlin, Irland (Internat), Berlin. Die meiste Zeit davon habe ich mit meiner Mutter und Schwester verbracht. Mein Vater [Carl Carlton, u. a. langjähriger Gitarrist in der Band von Peter Maffey) kam immer mal zu Besuch, an wichtigen Feiertagen waren wir alle zusammen. Ich bin dann 2007, mit 17, wegen einer Wette am Abend zuvor zum Casting von „DSDS“ gegangen – und erstaunlicherweise gleich weitergekommen. Auch beim Recall kam ich weiter. Dabei habe ich sooooo schlecht gesungen! Es folgten die Liveshows, die ich bis in die Runde der letzten drei überlebte. Schließlich stieg ich dann freiwillig aus dem Zirkus aus.

Danach gings erstmal mit meiner damaligen Band Empty Trash weiter. Tour, Album, und so weiter. Aber da kriselte es bereits von Beginn an. Interne Differenzen. Eltern, die ihre Kinder, also meine Bandkollegen, vorm Rock’n’Roll bewahren wollten. Manager, die fälschlicherweise gefeuert wurden – und Manager, die keinen Bock mehr hatten. Nach einem Jahr waren nur noch zwei ursprüngliche Mitglieder dabei und wir waren live bloß noch bis Februar 2010, unserem letzten Konzert, unterwegs.

Schon vor dem Aus war ich an diversen anderen Projekten beteiligt, beispielsweise als Sänger des Songs „You’re Sixteen“ von Klaus Vormann, der für das Album „A Sideman’s Journey“ (feat. Paul McCartney, Ringo Star, Cat Stevens und Dr. John) für den Grammy nominiert war. mitwirkten. Ab 2010 war ich bei Universal unter Vertrag und bekam 2011 eine wundervolle Tochter geschenkt. Mein Soloalbum kam dann 2012 leider so „lautlos“ auf den Markt, dass ich die Tour dafür absagen musste und in eine leichte Depression verfiel.

Ende 2013 fing ich an, mit meiner Akustikgitarre vor Leuten zu spielen. Allein oder mit meinem Mitbewohner, der Straßenmusiker ist, stehe ich auf den Straßen Europas und tank(t)e Selbstbewusstsein. Ich habe Wohnzimmerkonzerte angeboten und gegeben, spiele in Kneipen, Cafés oder wo auch immer. Ich bin glücklich unterwegs! Jetzt ziehe ich von Berlin nach Recklinghausen, um dort in aller Ruhe mein deutsches Album aufzunehmen.

Was weiß (bisher) niemand über dich?
Was keiner weiß: Schon vor „DSDS“ habe ich von Universal einen sogenannten Artist-Development-Deal angeboten bekommen, den ich dankend abgelehnt habe, weil das Label nur mich haben wollte. Nicht meine Band.

Ich stehe und spiele auf den Straßen Europas und tanke reichlich Selbstbewusstsein.

Was war/ist deinen Eltern wichtig für dich (gewesen)?
Das ich glücklich bin. Meine Eltern unterstützen mich, egal wie arg die Lage sich manchmal zuspitzt. Ohne deren Hilfe wäre ich ein paar mal sicher schon auf der Straße gelandet. Und zwar nicht bloß zum Musikspielen!

Was war dir früher wichtig?
Mädchen und Musik. Wobei ich nie die Musik aus den Augen verlor, Bandprobe kam vor Sex.

Wie siehst du das heute?
Mir ist meine Tochter wichtig. Dann meine Musik und mein gutes Bauchgefühl.

Wie definierst du heute Erfolg?
Erfolg ist für mich in erster Linie Zufriedenheit. Ich denke da beispielsweise an meinen ehemaligen Mitbewohner Redvers Bailey aus England. Der hat seinen VW-Bus, seine Freundin in Kanada, mit der er täglich per Skype quatscht und die er so oft es geht besucht, und sein Album, das er ganz alleine hier in Berlin aufgenommen hat. Damit reist er durch Europa und finanziert sein ganzes Leben mit seinem Talent. Das würde ich definitiv erfolgreich nennen, der bereut nichts. Kauft sein Album, darauf beschreibt er das alles bis ins kleinste Detail und zwar sehr gut. Klar, eine Fernbeziehung ist eine schwere Prüfung, aber ich glaube, ihre Beziehung bewährt sich. Die sind beide sehr süß, aber das werdet ihr ja hören.

Wie hast du früher darüber gedacht?
Seit meinem 17 Lebensjahr habe ich die Musikbranche wie folgt kennengelernt: Du brauchst einen „Major Deal“, du musst im Radio gespielt werden, du brauchst Presseveröffentlichungen, fette Video Marketingstrategien, einen Abverkaufsplan. Und dann brauchst du natürlich auch ein wenig Musik, quasi als Untermalung des Ganzen. Ohne den gut geölten Apparat davor – lohnt sich das Weitermachen gar nicht.

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Was war der bisher größte Wendepunkt in deinem Leben?
Die Teilnahme und mein Ausstieg bei „DSDS“. In Umfragen kannte mich damals jeder fünfte Deutsche, zumindest vom Namen. Das habe ich echt gespürt, habe mich davon auch etwas in die Höhe tragen lassen, habe Wolkenluft geschnuppert. Haha. Gegangen bin ich, um noch etwas von meiner musikalischen Würde zu retten. Ich wollte mich meinen Songs widmen und darauf eine eigene Karriere aufbauen. Ich höre oft: „Aber die Show war doch ein super Sprungbrett, oder?“ Und das stimmt natürlich. Die Welle hätten wir mit Empty Trash auch sicher bis zum Ende surfen können, hätten wir uns nicht ständig gestritten. Irgendwann aber wäre auch die abgeebbt. Ich frage mich manchmal, was wohl passiert wäre, wenn wir einfach als Band ohne Fernsehrummel weiter gemacht hätten. Egal wohin wir es nach zehn oder 15 Jahren schlussendlich geschafft hätten, vermutlich würden wir den Erfolg mehr zu schätzen wissen.

Fünf Jahre später stand ich dann da, mit 23 – und einem Album, das auf hohem Niveau geschrieben, aufgenommen, produziert und eingesungen wurde. Bestückt mit diversen radiotauglichen Songs. Doch statt Support hörte ich von Medienseite – Radio, Magazine, alle – bloß Glückwünsche zum hervorragenden Album und gleichzeitig Bedauern, dass man wegen meiner Casting-„Vergangenheit“ leider nichts für mich tun könne. Sie würden ja gern, aber …

Da wäre mir lieber gewesen, sie hätten gesagt „Das Album ist Scheiße“, das hätte ich besser verstanden. Bloß ein Radiosender hätte mir eine Chance geben müssen, das hätte vielleicht einen Dominoeffekt gehabt. Und, mal ehrlich: Bessere Musik läuft da jetzt auch nicht umbedingt ne. Es war echt zum Mäusemelken. Und nicht nur bei mir. Auch Acts wie Daniel Schumacher oder Thomas Godoj kämpfen hart, um nach „DSDS“ ihr Ding durchziehen zu können. Ganz auf sich allein gestellt. Das ist echt bitter, die haben es nicht verdient, im Schatten rumspringen zu müssen. Selbst wenn alle meinen, ihr Ruhm wäre billig erkauft durch eine Castingteilnahme.

Hätten die Medien gesagt „Dein Album ist Scheiße“ – das hätte ich besser verstanden.

Mich rief zum Glück ein Jahr nach dem Album-Fiasko Stefan Stoppok an und fragte mich fragte, ob ich nicht was Vernünftiges tun und bei ihm im Vorprogramm spielen wollte. Ab diesem Moment – und bis heute – heißt es für mich nur noch: spielen, spielen, spielen. Ich bin so gut wie immer auf Achse, spiele auf der Straße, im Vorprogramm von Udo Lindenberg vor 40.000 Leuten, in Clubs, Bars und sehr gern bei Leuten daheim.

Was war die schwerste Entscheidung und/oder Phase bisher in deinem Leben?
Meine schwerste Entscheidung war sicherlich der Rausschmiss meines besten Kumpels aus der Band. Ich bereue bis heute, dass ich das gemacht habe. Und Jörn, der Ersatz-Schlagzeuger, mit dem ich noch viele Jahre zusammen spielte und den ich ebenfalls als Freund bezeichnen kann, wird mir verzeihen, wenn ich das sage. Ein Fehler, verursacht durch falsche Ratschläge und meine eigene Unerfahrenheit mit 18 (!), ohne den ich andererseits sicher weder menschlich noch musikalisch so gewachsen wäre.

Wie sah früher dein Alltag aus?
Es gab keinen. Auf jeden Fall war ich nachts immer im alten Magnet Club, während ich auf die nächste Tour wartete, neue Proben, Promotiontermine.

Wie läuft heute ein typischer Tag in deinem Leben ab?
Ich wache auf. Überlege kurz „Wo bin ich?“, „Wo muss ich hin?“ und „Wie komme ich da hin?“. Mittlerweile passiert mir das auch schon zu Hause, wobei ich da selten bin.

Deine drei besten Eigenschaften?
Ich bin immer mit Gefühl bei der Sache, vertraue gerne Menschen und bin ein Träumer.

Deine drei größten Herausforderungen mit dir?
Dass ich oft zu emotional bei der Sache bin, Menschen zu viel Vertrauen schenke und im täglichen Leben zu inkonsequent bin.

Was bringt dir Freude?
Meine Tochter, tolle Musik, Applaus – und Abenteuer

Was macht dir Sorgen?
Mir machen manche Entwicklungen in unserer Gesellschaft Angst. Das Interesse an Billigem und Belanglosem wächst, also werden wir vor allem damit „gefüttert“. Songs im Radio dürfen textlich keinen großen Anspruch haben, das würde zu Zuhörer angeblich zu sehr stören oder stressen. Stichwort: Begleitmedium. Diese Einstellung spiegelt sich leider auch in unserem sozialen Verhalten und in der Esskultur wieder. Essen ohne zu merken, dass und was man isst. Ich habe neulich gehört, dass in 15 Jahren über 60 Prozent der Deutschen übergewichtig sein sollen. Was für ein schreckliches Bild. Lauter Menschen, die vielleicht bald Kräne brauchen, die sie vom Fernseher weghieven. Hauptsache bequem. Nach dem Motto: „Solange ich bestimmen kann, wann ich in der Kantine meine Wurst esse – oder eben nicht – haben wir eine Demokratie. Alles andere sollen die in Berlin machen, da verstehe ich nix von. Ey, Kevin-Jerome, hol’ der Mama mal ‚ne Curry King ausse‘ Mikrowelle!“

Drei Lieblingsbücher.
Ich bin total schlecht im Lesen. Ich fange immer an und höre irgendwann in der Mitte auf. Immerhin: Die Bücher von Raymond E Feist habe ich gelesen und (heimlich) gefeiert habe. Das sind diese Fantasy-Roman mit Magiern, Drachen, Aliens und so. Ja, ja ich weiss. Aber ich stehe dazu! Ansonsten lese ich gerne Kurzgeschichten, die schaffe ich auch zu Ende. Am liebsten von Menschen oder Wesen, die in seltsamen Gesellschaftsstrukturen leben. Oder Science-Fiction aus dem 19. Jahrhundert.

Drei Lieblingsfilme.
The Big Lebowski“, also ein Film über einen genialen Anti-Helden namens The Dude, der im Bademantel rumläuft und eigentlich bloß seinen beschissenen Teppich zurück haben möchte. What’s not to love?

The Party“ (dt. „Der Partyschreck“): Ein Film über einen Inder, der in Hollywood versehentlich auf der Gästeliste einer VIP-Party landet. Ich habe Tränen gelacht. Die Mimik von Peter Sellers ist wirklich einzigartig, natürlich auch in „The Pink Panther“ oder „The Gardener“.

Ich muss sagen, die dritte Wahl fällt mir schwer. Ich fühle mich verpflichtet, einen ernsten Film zu nehmen, wie „Der Maschinist“ oder „Apocalypse Now“. Denn fast in jedem Genre habe ich einen Lieblingsfilm. Doch am besten sind eigentlich die Filme, die einen zum Weinen und Lachen bringen. „Little Miss Sunshine“, „Forrest Gump“ oder „Ace Ventura“ (der Waschbär!). Nein, meine number three muss „True Lies“ mit Arnold Schwarzenegger sein. Jahwohl. Wie soll ich das jetzt erklären? Am besten lasse ich euch mit dieser Info lieber allein.

Vorbilder, das sind für mich alle, die glücklich sind in und mit ihrem Leben. Klischee? Na und.

Eine Serie zum Am-Wochenende-Durchgucken.
Fawlty Towers“. Wieder eine Comedyserie, aber die ist so fantastisch. Ich bin damit aufgewachsen bzw. der Freund meiner Mutter hat sie mir gezeigt, und sie ist wirklich ein Juwel. Wenn ich eine aktuellere Serie wählen sollte, dann „The Sopranos“. Ich glaube, ich rede manchmal schon wie die: „Eyyyy, oh, Eyyyy …“.

Drei Menschen, die in deinen Augen Vorbilder sind.
Schwierige Frage. Chuck Norris? Hm, ich weiss es nicht. Es tauchen immer wieder Persönlichkeiten auf, die mein Leben beeinflussen, und Vorbildfunktion haben. Dann kommt der Moment, an dem du etwas Negatives über diese Person erfährst, oder du ganz einfach deine Meinung über sie änderst. Ich glaube, Vorbilder sind für mich alle, die glücklich sind in und mit ihrem Leben. Klischee? Na und!

Wenn du ein Problem der Welt lösen könntest, welches würdest du wählen? Warum?
Da Weltfrieden leider unrealistisch ist, würde ich wollen, dass Menschen sich nur von Luft ernähren können. Das wäre doch mal interessant.

Das größte Kompliment, das du je bekommen hast?
Der beste Papa der Welt zu sein. Auch wenn es nicht stimmt, das zu hören tut immer wieder gut.

Wie lautet dein persönliches Mantra?
Ich habe zwei: „Der schönste Weg ist immer noch der Umweg“ und „Wenn’s schnell gehen muss, dann nimm dir Zeit.“

Fotos: Max Buskohl via Facebook

Kategorien Kultur

Siems Luckwaldt ist seit über 20 Jahren als Journalist und Redakteur tätig. Seine Themen: Interviews, Mode, Lifestyle, Uhren, Modernes Leben. Weitere Angebote: Corporate Publishing, Social Media Storytelling, Podcasts, Coaching